Als die Weltmeisterschaft in die Schweiz vergeben wurde, stellte sich als erstes die Frage nach geeigneten Spielstätten. Die Situation der Stadien war prekär - vor allem fassten sie viel zu wenige Zuschauer, da sich die Schweizer naturgemäß nicht so viel aus Fußball machen. Zudem stellte die FIFA schon damals hohe Ansprüche an die Ausstattung solcher Stadien (all das wiederholt sich gerade in Deutschland im Hinblick auf die WM 2006). Die Bestandsaufnahme führte zu zwei kompletten Neubauten (Bern und Basel), drei wesentlichen Ausbauten (Lausanne, Genf, Lugano) und einer einfachen Erweiterung (Zürich). Die Stadien waren während der WM häufig am Rand ihrer Belastbarkeit, wurden aber in den Jahrzehnten danach nie wieder so gut besucht sein wie im Sommer 1954.
Wankdorfstadion in Bern
An der Stelle des ersten, 1925 in Betrieb genommenen Wankdorfstadions, das für die Ausrichtung der Weltmeisterschaft mit einer Kapazität von 40.000 Plätzen als zu klein empfunden wurde, entstand unmittelbar vor der WM für 4,8 Millionen Franken ein Neubau, der am 7. Juni 1954 mit einem Freundschaftsspiel zwischen den Young Boys Bern und der ungarischen Nationalmannschaft eingeweiht wird. Symmetrische Bauweise, von zwei Ausfallstraßen umrahmt. 68.000 Zuschauer Kapazität. 10.000 Parkplätze in der Nähe, Das Hauptspielfeld wird von vier Zuschauerrampen rechteckig eingefasst. Die Haupttribüne liegt mit 4.700 Sitzplätzen auf der Südseite, auf der Vortribüne können zusätzlich 2.000 Sitzplätze installiert werden. Die Haupttribüne enthält außerdem im Ostflügel ein großes Restaurant, im Westflügel eine Milchbar und ein Buffet, sowie zentral acht Garderobenräume mit 50 Brausen in fünf Duschräumen, Schiedsrichterkabinen, einen Massageraum, ein Bassin für Warm- und Kaltwasser, eine Trainingshalle (112 mal 26 Meter). Im ersten Stock befinden sich zwei Wohnungen, das Sekretariat und das Clublokal sowie der Verstärkerraum für die fünf Radioreporterkabinen. Im zweiten Stock stehen verschiedene Räume für Kurse und Einquartierungen (100 Betten) zur Verfügung. Die Ost- und Westrampen sind Betonbauten, die mit je einem Turm (18 und 21 Meter hoch) versehen und mit der mächtigen Spieluhranlage gegen die Nordrampe abgeschlossen sind. Die Ostrampe ist überstockt (gedeckte Stehplätze für 4.000 Zuschauer), die Estrade (Überstockung) enthält wahlweise 3.000 Sitz- oder 6.000 Stehplätze. Die Westrampe lässt sich genauso modifizieren. Die Türme enthalten die Uhrenanlage, besondere Sitzplätze und Aufstiege zu den Überstockungen. 22.000 Plätze befinden sich auf der Nordrampe (überstockbar für weitere 20.000 Plätze). Der Ausbau vor der WM kostete 3,5 Millionen Franken.
In fünf WM-Spielen betraten schließlich 192.000 Zuschauer das Wankdorf, was einem Durchschnitt von 38.400 entspricht. Spitzenreiter war dabei das Finale mit offiziellen 60.000 Zuschauern.
St. Jakob-Stadion in Basel
Für die Zeit moderner Stadionneubau, der erst am 25. April 1954 (also keine zwei Monate vor der WM) eingeweiht worden war. Der Veranstalter schwärmte von einer "polysportiven Sportanlage auf historischem Gelände". Naturgemäß besaß sie eine günstige Verkehrsanbindung, was besonders ein Bahndamm neben dem Stadion dokumentierte, auf dem während des Halbfinalspiels Deutschland gegen Österreich ein Zug stand und das Beobachten des laufenden Spieles ermöglichte. Die Zuschauertribüne besaß eine "kühne, weittragende Dachkonstruktion, von der eine mächtige Wirkung ausging". Fassungsvermögen: 56.000 Zuschauer.
Die sechs Baseler WM-Spiele sahen 219.000 Zuschauer, was einem Durchschnitt von 36.500 entspricht. Die am besten besuchten Partien waren aufgrund der Nähe der Grenze erwartungsgemäß die mit deutscher Beteiligung: das erste Spiel gegen Ungarn mit 56.000 und das gegen Österreich mit 58.000 Zuschauern.
Hardturmstadion in Zürich
Seit 1929 das Domizil der Grasshoppers Zürich, die auf den angrenzenden Anlagen bereits seit 1886 neben Fußball auch Handball und Hockey spielen ließen. Anlässlich der WM wurde eine Zusatztribüne für 900 Zuschauer gebaut, und die Stehrampen wurden verbessert und erweitert. Danach passten 35.000 Zuschauer hinein.
Erreicht wurden in fünf Spielen damit 107.000 Zuschauer (21.400 im Schnitt), wovon die Partie um den 3. Platz, Uruguay-Österreich, mit 31.000 Besuchern im Publikumsinteresse klar vorne lag.
Charmilles-Stadion in Genf
1930 entstand hier eine erste Tribünenanlage, 1952 wurde sie als "renovationsbedürftig" eingestuft. Ein radikaler Umbau führte zu einer neu gestalteten Tribüne mit einer größeren Zahl von Garderobenräumen und Waschgelegenheiten sowie Aufenthaltsräumen für Spieler und Vereinsleitung. Betonierte Stehplatzrampen fassten allein 4.500 Zuschauer. Die Gesamtkapazität betrug 40.000.
Die hier ausgetragenen vier Spielen lockten gerade einmal 52.500 Zuschauer an (13.125 pro Spiel), wobei die Nähe zu Frankreich beim Spiel gegen Mexiko enttäuschenderweise nur für ein halbvolles Stadion sorgte. Und hier fand auch ein Spiel vor "Geisterkulisse" statt, einem mit 4.000 Zuschauern nur zu 10% gefüllten Stadion: die Partie Türkei gegen Südkorea, in der immerhin sieben Tore fielen. Für die Türkei.
In den zwei übrigen Stadien von
Lausanne und Lugano
trug die deutsche Mannschaft kein Spiel aus. In Lugano trafen überhaupt nur Italien und Belgien vor 24.000 Zuschauern aufeinander, in Lausanne gab es fünf Spiele mit einem Schnitt von 29.100 Besuchern, wobei die Partie Italien-Schweiz mit 40.500 Gästen diesen drittbesten Schnitt der sechs Stadien zu verantworten hatte.
und
Das Hamburger Volksparkstadion
An traditionsreicher Stätte, dem Hamburger Rothenbaumplatz, und größtenteils aus Kriegstrümmern entstandenes Stadion. 1925 als Altonaer Stadion im Volkspark erbaut erfolgte ab 1951 ein zwei Jahre dauernder Um- und Neubau zu einer Großarena. Eine doppelstöckige Haupttribüne entstand, die ihren Anteil zu den insgesamt 75.000 Plätzen beitrug. 1953 erfolgte die Einweihung. Und am 24. Mai 1954 wurde hier die Deutsche Meisterschaft entschieden: mit 5:1 schlug der krasse Außenseiter Hannover 96 den Titelverteidiger vom 1. FC Kaiserslautern und ließ Böses für das kommende WM-Turnier ahnen, stellten doch die Lauterer mit fünf Spielern das Korsett der Nationalmannschaft. Andererseits bestätigte dieses Spiel auch, daß Favoriten straucheln können und daß mißlungene Generalproben hervorragende Premieren nach sich ziehen können.
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